Aus der wichtigsten Stadt nach Bonn:

B.Richterstattung

von Birgit Richter - Autorendaten Private Mail an den Autor - Leserbrief

Jedes Magazin, das etwas auf sich hält, und genau das tut das M@G, hat Korrespondenten hie und da vor Ort.
Genau das hat das M@G jetzt auch - und zwar in der wichtigsten Stadt nach Bonn - Berlin, Stadt der neuen deutschen Bewegung (Loveparade, Beamtenshuttle, Bauaushub).
Aber lassen wir Birgit doch einfach selbst zu Wort kommenb, sie war Berliner gucken im Zoo.

Ich gehe gerne in den Zoo, denn dort lernt man viel über Menschen.
Ich lebe auch gerne in Berlin, aber zur Zeit ist es ein Alptraum. Ich bin krank und habe Husten und Schnupfen, Halsweh und Fieber, während draussen 32 Grad herrschen. In diesem bedauernswerten Zustand besuchte ich dennoch den Berliner Zoo. Dort überfiel mich ein Schweissausbruch nach dem nächsten. Das fiel gottseidank nicht so auf, weil der Geruch im Zoo immer sehr streng ist. Ich konnte das zwar nicht riechen, aber meine Begleitung hat es mir bestätigt.
Was zum Beispiel wirklich toll ist am Zoo, das sind die vielen Schilder überall. Große Teile des Berliner Zoos wurden von wohlmeinenden Tierfreunden gespendet, und alle haben sie ein eigenes Schild dafür bekommen. Deshalb sieht man manchmal auch in den wirklich kleinen Käfigen trotzdem kaum die Tiere.
"Diese Totenkopfäffchen wurden im Gedenken an Frau Charlotte Pischke aus Zehlendorf von ihren Angehörigen gespendet", oder: "Der Gibbon ist ein Hangelkletterer, der sich an den Händen hängend voranhangelt" ist da zu lesen. Bei den Flusspferden findet man Schilder mit deren Namen: "Schrippe", "Bulette", "Dufte", "Knorke" und "Jette". In solchen Momenten liebe ich Berlin, denn all diese Schilder beweisen mir, dass die Welt nicht so schlecht ist, wie ich manchmal denke.
Die Berliner können pleite, ausgebombt, zweigeteilt oder eingesperrt sein, aber im Zoo zeigt sich ihr wahres Gemüt, sei es nun mitfühlend-assoziativ, dadaistisch-pragmatisch oder proletarisch-erdverbunden. Die Berliner sind ganz und gar wahrhaftig.
Als ich im Bus zum Zoo fuhr, saß neben mir eine ältere Dame, die mir Gesundheit wünschte, als ich nieste. Ich bedankte mich und erzählte ihr von meiner Sommergrippe. Sie stand sofort auf und setze sich mit den Worten "Ich setze mich mal weiter vorne hin. Wissen Sie, ich kenne die Strecke noch nicht so gut" zwei Reihen weiter weg. Diese Dame hätte sich wahrscheinlich für den Namen "Jette" entschieden. Die Berliner wählen diese Namen nämlich immer über eine große Boulevardzeitung, die "BZ". Auch ich bin ein großer Fan der BZ, deren Schlagzeilen zwar nicht in der Aussage denen der Schilder ähneln, aber zweifelsohne einer ähnlichen Grundhaltung entspringen. Am Samstag morgen trug die BZ die Schlagzeile: "3 Berliner sägten Kopf ab! Mann lebte noch". Am Samstag abend wurde ich dann krank.
Einen Malwettbewerb gab es auch im Zoo. Er wurde von 9. Klasse der Neuköllner Helmholtzschule unter dem Motto "Einfach tierisch: Gestaltung eines Tieres in personifizierter Haltung unter Berücksichtigung einer eigenartigen oder humorvollen Darstellung" ausgerichtet. Ein Bild zeigte einen traurig-rosa gestrichelten Flamingo mit Holzbein, der eine Blindenbinde um seinen linken flügel trug. Ich schlug mich kurz mit dem Gedanken herum, ob dieser junge Neuköllner Künstler in ein paar Jahren wohl auch einen Kopf......? Ich verwarf diese ungute Vorstellung sofort wieder.
Nach dem Zoo fuhr ich schwarz mit der S-Bahn nach Hause. In der Nacht kam ein Gewitter und sorgte endlich für Abkühlung. Heute geht es mir schon wieder besser, aber so eine Sommergrippe sitzt fast genauso hartnäckig in Kopf und Brust wie dieses verdammte Berlin.

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